Dienstag, 16. Oktober 2012

IWF vollzieht Kehrtwende in Sachen kontraktive Fiskalpolitik


Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird seit vielen Jahren immer wieder massiv wegen seiner harten Sparauflagen kritisiert, die er zur Bedingung für Milliardenkredite an überschuldete Länder macht. Von „Kaputtsparen“ ist dabei häufig die Rede. Auch in der europäischen Schuldenkrise drängte der IWF bisher auf scharfe Einsparungen nicht zuletzt bei Sozial-, Pensions- und Gesundheitsausgaben.
Doch in seinem jüngsten globalen Wirtschaftsausblick, den der Fonds vor wenigen Tagen in Tokio präsentierte, vollzieht Chefökonom Olivier Blanchard eine Kehrtwende. Versteckt in einer Fact-Box kommt der IWF in dem Bericht (Seite 41 bis 43, Anm.) zum Schluss, dass übermäßiges Sparen das erklärte Ziel, die Schulden in einem überschaubaren Zeitraum zu verringern, verfehlt. Das kommt einem indirekten Schuldeingeständnis gleich. Die „Financial Times“ spricht in einem Kommentar von einem „Akt des Aufstands“, mehrere Finanzexperten sprachen am Wochenende von dem wichtigsten makroökonomischen Ereignis dieses Jahres.
Konkret bezieht sich der IWF auf eine Studie, die zeigt, dass der Einfluss der Steuerpolitik auf das Wachstum viel höher ist als bisher angenommen - und als sie der IWF zur Basis für seine Sparauflagen machte. Demnach ging der Fonds in der Regel von einem fiskalpolitischen Multiplikator von 0,5 aus. Das bedeutet, dass die Wirtschaft für jeden Euro an öffentlichen Ausgaben weniger um 0,50 Cent schrumpft. Laut der aktuellen Studie liegt dieser Effekt aber deutlich höher - bei 0,9 bis 1,7.
Quelle: orf.at