Eine ganze Industrie, die zu enormen Proportionen angewachsen war, hatte blind darauf vertraut, dass sich der Anstieg der Häuserpreise in der Zukunft fortsetzen würde. Die Finanzmodelle der Investmentbanken und Ratingagenturen bezogen ein Szenario, in dem es zu einem rapiden Verfall der Häuserpreise kommt, gar nicht ein. Solange die Hypotheken-Maschinerie auf vollen Touren lief - solange sich also manipulierbare Schuldner mit schlechter Bonität fanden, denen man das Geld aus der Tasche ziehen konnte -, wurden die Verzerrungen auf dem Markt vertuscht. Nur wenige erkannten, dass das Kartenhaus zum Einsturz verurteilt war, und platzierten Wetten gegen die Hypothekenindustrie (vgl. Lewis, Michael: The Big Short).
So sehr die Manipulation und Abzocke amerikanischer Konsumenten durch unhaltbare Kreditvergabe zu kritisieren ist, so notwendig ist die Feststellung, dass ein allzu großer Teil der amerikanischen Bevölkerung bereitwillig bei diesem abgekarteten Spiel mitwirkte. Die Medianeinkommen stagnierten, und so waren Subprime-Kredite eine willkommene Gelegenheit, den eigenen Lebensstil über - nur scheinbar günstige - Kreditfinanzierung aufrechtzuerhalten. Und wer wollte nicht lieber in einem größeren, schöneren Haus in einer besseren Wohngegend leben? Die Kreditnehmer ignorierten jegliche Regung von ökonomischem Hausverstand, die sich ihnen in den Weg gestellt haben mag, und verschuldeten sich Hals über Kopf.
Nicht wenige nützten das Überangebot an Hypothekenfinanzierung zur halsbrecherischen Spekulation: Sie finanzierten immer mehr Häuser auf Pump, um Spekulationsgewinne einzustreichen. So lange die Preise stiegen, würden die Wertsteigerungen einen todsicheren Gewinn bedeuten. Obzwar alle Anzeichen seit längerem auf Überhitzung standen, wurde selbst im Jahr 2006 immer noch die Strategie verfolgt, so viele Häuser wie möglich mit fremdem Geld zu finanzieren, in denen man natürlich nicht wohnen, mit deren Wertsteigerung man aber ein Vermögen anhäufen wollte. Die Möglichkeit fallender oder zumindest stagnierender Häuserpreise? Papperlapapp. Spielverderber. Unheilspropheten. Dummschwätzer.
Eigentlich müsste man meinen, die Menschen hätten aus den dramatischen Erfahrungen der geplatzten Subprime-Blase gelernt. Es würde sich z.B. die Lehre anbieten, dass man keine Produkte kaufen sollte, die man nicht ansatzweise versteht; oder dass man nicht darauf setzen sollte, dass es in der Wirtschaft so etwas wie "Naturgesetze" (Das Gesetz: Häuserpreise müssen immer weiter steigen) gibt. Zumindest vorübergehend sollte doch ein bisschen gesunde Skepsis eingekehrt sein, oder? Sollte man meinen. Die Realität ist anders:
In an annual survey conducted by the economists Robert J. Shiller and Karl E. Case, hundreds of new owners in four communities — Alameda County near San Francisco, Boston, Orange County south of Los Angeles, and Milwaukee — once again said they believed prices would rise about 10 percent a year for the next decade.
With minor swings in sentiment, the latest results reflect what new buyers always seem to feel. At the boom’s peak in 2005, they said prices would go up. When the market was sliding in 2008, they still said prices would go up.
“People think it’s a law of nature,” said Mr. Shiller, who teaches at Yale.
Die nächste Krise, welche aus einer Blase des übermäßigen Optimismus erwächst, ist nur eine Frage der Zeit. Sie wird nicht notwendigerweise auf den Häusermärkten ihren Ursprung nehmen.
Aber dass sie kommt, ist eine Gewissheit. Diese Gewissheit ist in der Natur des Menschen begründet: Die menschliche Fähigkeit, aus Erfahrungen (anderer) zu lernen, ist begrenzt. Das Erlernte schwindet im Laufe der Zeit aus dem Bewusstsein. Und der Glaube, dass das, was für andere gilt, auf einen selbst nicht zutrifft - man ist ja "besonders" bzw. "speziell" -, ist unerschütterlich.