Donnerstag, 21. Oktober 2010

Was haben stagnierende Medianeinkommen mit der Finanz- und Wirtschaftskrise zu tun?

Dass die Finanzkrise auf den Märkten zur Hypothekenfinanzierung in den USA ihren Ausgang nahm, ist bekannt. Die Erosion der Kreditstandards führte zu einer enormen Kreditblase, die platzte, sobald die Häuserpreise zu sinken begannen, wodurch immer mehr Schuldner ihre Hypothekenkredite nicht mehr bedienen konnten. Das Funktionieren des Kreditsystems war davon abhängig, dass die Häuserpreise immer weiter ansteigen würden - eine Annahme, die empirisch widerlegt ist. Nur weitere Preisanstiege hätten es den Kreditnehmern im Subprime-Segment möglich gemacht, zu refinanzieren.

Ich habe bereits Ende August einen Beitrag über die Rolle von Amerikas Hausbesitzern im Zuge der Entstehung der Krise geschrieben. Damals argumentierte ich:

So sehr die Manipulation und Abzocke amerikanischer Konsumenten durch unhaltbare Kreditvergabe zu kritisieren ist, so notwendig ist die Feststellung, dass ein allzu großer Teil der amerikanischen Bevölkerung bereitwillig bei diesem abgekarteten Spiel mitwirkte. Die Medianeinkommen stagnierten, und so waren Subprime-Kredite eine willkommene Gelegenheit, den eigenen Lebensstil über - nur scheinbar günstige - Kreditfinanzierung aufrechtzuerhalten. Und wer wollte nicht lieber in einem größeren, schöneren Haus in einer besseren Wohngegend leben? Die Kreditnehmer ignorierten jegliche Regung von ökonomischem Hausverstand, die sich ihnen in den Weg gestellt haben mag, und verschuldeten sich Hals über Kopf.


Anders formuliert: Sowohl die ausgiebig kritisierten Akteure der mortgage bond industry (Hypothekenfinanzierer, Investmentbanken, Ratingagenturen, ...) als auch weite Teile der amerikanischen Bevölkerung profitierten in den "goldenen Jahren" der Preis-Blase von dem System, das auf unverantwortlich niedrigen Kreditstandards beruhte. Während die Investmentbanken durch die Bündelung fauler Subprime-Kredite zu komplexen Finanzprodukten ihre Gewinne auffetteten, konnten viele Bürger aus der Unter- und Mittelschicht trotz stagnierender Medianeinkommen die Illusion aufrecht erhalten, dass sie so weiter konsumieren konnten, wie sie das aus Zeiten steigender Median-Einkommen gewohnt waren. Der freie Zugang zu Krediten für die Häuserfinanzierung machte es möglich.

Folgende Grafik zeigt auf einen Blick die Entwicklung der Verteilung von Einkommenszuwächsen in den USA für die letzten 60 Jahre:

Describing the social and economic costs of growing income inequality, economist Robert Frank explained in yesterday’ New York Times that while the first three decades after World War II were a time of broadly shared prosperity, income gains over the next three decades went almost entirely to the very wealthy. You can see the striking contrast in the graph below. ...
The chart shows the divergent trends between the rich and everyone else since the 1970s that we have analyzed in greater detail here and here. ...



Die Illusion, trotz stagnierender Einkommen den eigenen Lebensstandard aufrecht erhalten zu können, ist geplatzt. Die Aus- und Nachwirkungen sind leider verheerend.