Wir sind dieser Tage permanent mit Krisenthemen konfrontiert. Auch wenn dies heute fast unvorstellbar erscheinen mag, so hegten vor einem Jahr doch immer noch viele Menschen die hehre Hoffnung, dass das Schlimmste bereits hinter uns liegen möge. Heute wird allerorts der verzweifelten Hoffnung Ausdruck verliehen, dass wenigstens das Worst Case Szenario abgewendet werden könne. Was ich vor etwas mehr als einem Jahr schrieb, hat sich leider bewahrheitet. Der Beitrag trug den Titel "Die nächste Krise ist nur eine Frage der Zeit":
Ich habe hier bereits wiederholt argumentiert, dass die bislang getroffenen Reformmaßnahmen im internationalen Finanzsystem sich sehr wahrscheinlich als unzureichend herausstellen werden. Krisen im Finanzsektor lassen sich zwar natürlich ohnehin nicht zur Gänze verhindern; kein noch so gutes Regulierungsregime kann daran etwas ändern, wie eine Beschäftigung mit der Geschichte der internationalen Finanzmärkte sehr deutlich zeigt (vgl. Rogoff und Reinhart (2009): This Time is Different. Eight Centuries of Financial Folly). Die politschen Verantwortlichen haben jedoch die Pflicht, mit entsprechenden Regulierungen sicherzustellen, dass Krisen punktueller Natur bleiben und nicht zum Flächenbrand werden. Die "Reformer" haben es bislang leider sträflich verabsäumt, dieser ihrer Regulierungspflicht zufriedenstellend nachzukommen. Die Realwirtschaft darf im Falle von schlechtem Risikomanagement einzelner Finanzinstitutionen nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.
Das zentrale Problem in den Anreizstrukturen hat weiterhin Bestand, weil sich die Reformverantwortlichen auf beiden Seiten des Atlantik nicht gegen die Lobby der großen Finanzinstitutionen durchsetzen können/wollen. Das Risiko einer neuerlichen Systemkrise ist weiterhin gegeben, solange das Problem von Finanzinstitutionen, die als "too big to fail" gelten, nicht gelöst wird. Und die jüngsten Vorkommnisse in den USA zeigen, dass sich die Vorgehensweise bei den großen Banken, welche es meisterhaft verstehen, Regulierungen zu umgehen und die Beschleunigung von Geschäftsprozessen bis über alle Qualitätsgrenzen hinaus auszureizen, nicht ändern wird, solange kein neues Regulierungsregime in Kraft ist, das seinen Namen auch verdient.
Wir sollten uns alle Mervyn Kings Zitat des Tages zu Herzen nehmen:
The words “banking” and “crises” are natural bedfellows. If love and marriage go together like a horse and carriage, then banking and crisis go together like Oxford and the Isis, intertwined for as long as anyone can remember.
Und daraus die richtigen Schlüsse ziehen.
Leider kann ich heute nichts davon zurücknehmen.